Der Beste verliert
Egal was du verkaufst und wie der Prozess im Detail aussieht, es ist immer so, dass der Käufer sich zwischen verschiedenen Alternativen entscheidet. Das kann zum einen ein direkter Vergleich mit Wettbewerbern sein, welcher ein Konkurrenzprodukt anbieten. Das kann zum zweiten eine Situation sein, in welcher der Kunde bereits eine bestehende Lösung einsetzt und deine diese ersetzen soll. Oder das kann drittens ein Szenario sein, in dem sich der Kunde entscheidet, ob er das Problem gar nicht löst oder selber löst. In jedem Fall ist es so, dass es immer zumindest eine alternative Handlungsoption zu deiner gibt.
Das führt zur Frage, was der entscheidende Faktor dafür ist, dass deine Lösung zum Einsatz kommt und nicht die des Wettbewerbers, die bestehende behalten wird, der Kunde das Problem nicht löst oder selber löst.
Dazu habe ich bei einer internen Schulung bei einem SaaS Anbieter bei der ich in einer Sales Director Rolle war folgende Fragen gestellt:
“Wenn es nur ein Kriterium gäbe, welches ein Produkt/Dienstleistung erfüllen muss, um gekauft zu werden, welches Kriterium wäre das?”
Denke bitte an dieser Stelle 1min nach, was deiner Meinung nach das Nr. Kriterium ist. Was wäre deine Antwort?
9 von 12 Teilnehmern haben geantwortet, dass es das beste Produkt am Markt sein müsste.
Es ist ein universeller Glaubenssatz, welcher uns durch Erziehung, Gesellschaft und Marketing eingeimpft worden ist, dass der oder das beste gewinnt. “The winner takes it all” heißt es in einem Lied und so streben wir danach uns immer im besten Licht zu präsentieren und dabei die größten Stärken und Vorteile in den Vordergrund zu rücken. Bei Bewerbungsgesprächen geht es um unsere Stärken und im B2B Sales wollen wir unsere Lösung zur besten machen in wir alle neuen und innovativen Features und Funktionen präsentieren.
Die überraschende Wahrheit ist jedoch, dass dies nur bedingt stimmt, denn schaut man sich die Evolution an, so haben die vorsichtigen immer überlebt. Warst du in der Steinzeit jemand, der mutig und “innovativ” war, und wolltest du einen Säbelzahntiger mit deiner neuen Keule bezwingen, “zack bum”, warst du tot. Wolltest du eine neue Beere kosten, welche du im Wald gefunden hast, “zack bum”, warst du vergiftet und tot. Wolltest du dich mit einem Federkostüm von einer Felswand stürzen, um zu fliegen wie ein Vogel, zack bum, warst du tot. Die “no risk, no fun” Typen sind immer gestorben und evolutionsbedingt haben immer die vorsichtigen überlebt.
Die Vorsicht sitzt also ganz tief in uns drinnen und wir sind darauf programmiert, schnell Gefahren und Risiken zu erkennen und diesen schnell aus dem Weg zu gehen.
Die Vorsicht ist in uns drinnen und es sind langfristig immer die vorsichtigen, welche überleben und gewinnen. “Den mutigen gehört die Welt” stimmt auf jeden Fall. Du musst Dinge wagen und Risiko einzugehen um die Chancen zu erarbeiten. Das gilt aber nur in der Mikro-Betrachtung. In der Makro Perspektive, also langfristig, ist es, dass die gewinnst, je weniger Fehler du machst. Gerade auf Kapitalmärkten outperformen konservative bzw passive Investmentstrategien bzw. buy and hold Strategien über einen langfristigen Zeitraum jeden “Stockpicker” und “Daytrader”, welcher permanent auf Ausschau nach einer kurzfristigen Investmentmöglichkeit ist. Vergleicht man die Performance von aktiv verwalteten Fonds, das sind Fonds in denen ein Fondmanager entscheidet, welche Aktien gekauft und verkauft werden, mit der Performance von passiv verwalteten Fonds, das sind Fonds, welche einen Index abbilden, so erzielt man über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten immer eine höheren Gewinn bei den passiv verwalteten. Das heißt, das Investmentoptionen, bei denen möglichst wenig Fehler gemacht werden können, gewinnen über risikoreiche Optionen. Kurzfristig sind natürlich Gewinne möglich aber langfristig steigst du besser aus, je konservativer du investierst. Es gibt Studien, bei denen man einen einen Fondmanager und einen Affen gegeneinander antreten hat lassen. Das Ergebnis war verblüffend peinlich für den Fondmanager, da dieser den Affen nicht geschlagen hat. Charlie Munger, der Geschäftspartner von Warren Buffet, hatte einmal gesagt:
Der Instinkt, Risiko zu minimieren und Vorsicht zu bevorzugen, ist die Grundlage aller Franchise-Ketten und Marken. Fährst du in ein fremdes Land, und willst dir einen Kaffee kaufen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass du statt dem lokalen Kaffeehaus, zur Kaffehaus Kette Star*ucks gehst. Obwohl du weißt, dass der Kaffee dort nicht besonders gut ist, so weißt du, was du bekommst und bevor du noch etwas schlechteres bekommst, nimmst du lieber das bewährte. Nehmen wir doch mal die Burgerkette mit dem gelb leuchtenden Pommes im Logo. In jeder Stadt findest du besser Burger als dort, aber trotzdem gehst du zum goldenen M, weil du weißt was du bekommst.
Warum bleiben Menschen in Beziehungen, in welchen sie nicht glücklich sind? Weil Sie sich an das Übel gewöhnt haben und Angst haben, dass die nächste Beziehung noch schlimmer wird und sie deswegen das bekannte Übel bevorzugen.
Die Wiederwahl Wahrscheinlichkeit von Politikern im US Kongress liegt bei knapp 90%, weil Menschen wissen, was sie bekommen, obwohl sie wissen, dass es besser gehen könnte.
IBM ist in den 1970er groß geworden mit dem Slogan “Nobody gets fired for hiring IBM”. Wer will schon eine Business Lösung einkaufen, welche dann nicht funktioniert und man dafür den Kopf hinhalten will? Die Verkaufstrategie von IBM ist auch bekannt geworden unter der Abkürzung FUD, welche für fear, uncertainty and doubt steht.
Was bedeutet das jetzt für dich im B2B Sales, wenn wir wissen, dass Menschen in aller erster Linie Angst und Fehler vermeiden wollen?
- Nimm Angst und vermeide Fehler:
Wenn du zum Pitch eingeladen wirst, zum Meeting, oder der Kunde mit dir ein Gespräch aufnimmt, dann entsprichst du schon den Kriterien, sonst wärst du nicht da. Du wirst nur zum Meeting eingeladen, weil der potentielle Käufer keinen Fehler machen will und sich davon überzeugen möchte. In der Vorbereitung auf ein Gespräch kannst du dir also folgende Fragen stellen: Was könnte gegen dich sprechen? Vor was hat der Kunde Angst?
- Bewahre Balance zwischen Neuem und Bewährtem:
Wenn du bei einem Pitch oder Kundentermin mit den neuesten, innovativsten und mächtigsten Features, Funktionen und Produktmerkmalen prahlst, dann sprichst du zwar die Emotionen des Gegenübers an. Es ist jedoch Vorsicht geboten. Balanciere Innovationen mit genügend Proof of Concept aus. Zeig wie du Sicherheit gewährleistet, welche Zertifikate du hast, von welchen Institutionen du geprüft worden bist, welche anderen Kunden das Feature sicher einsetzen und wie gut dein Kundenservice ist, wenn es Probleme gibt.
- Einfach ist besser als komplex:
Das Sprichwort “Was der Bauer nicht kennt” isst er nicht. Menschen haben tendenziell Angst vor Neuem und Dingen, welche sie nicht verstehen. Erkläre die Konzepte möglichst simpel und einfach. Gerade wenn es um technische Produkte geht und dein Kunde kein Techniker ist, erkläre es ihm so einfach, dass es seine Kinder auch verstehen würden. Viele Verkäufer denken, dass je mehr “Termini technici”, also Fachbegriffe, sie benutzen, desto beeindruckender ist. Dieses Kalkül geht nur dann auf, wenn der Kunde diese auch versteht.
“Versuche nicht, eine gute Wahl zu sein. Eliminiere alles, was dich zu einer schlechten Wahl macht.”
Harry Beckwith